TIerhaltung
Tierwohl ist mehr als nur eine frage der Haltung.
Füchse sind zwar keine Rudeltiere, aber Schweine schon. Und und Stallkonzepte, die auf Kastenstände basieren, sind out, da sind wir uns sicher einig. Wir bevorzugen deshalb offene, zusammenhängende Buchten mit über 100 m² um Schweine in Gruppen zu halten. Die Haltung definiert demnach die äußeren Umstände der Unterbringung auf dem Bauernhof. Es werden das Platzangebot aber auch die Auslauf-Fläche, Offen-Fronten, die klimatischen Bedingungen und die Beschäftigungsmöglichkeiten abgefragt, die ein natürliches Verhalten der Schweine fördern.
Unter Tierhaltung definieren wir

Beschäftigung

Außenklima

Platzangebot

Zertifizierung
1.1 – Beschäftigung der Tiere
Das Ausleben eines artgerechten Verhaltens ist eines der wichtigsten Ziele in der tierwohlorientierten Haltung. Ein Imitieren der natürlichen Verhaltensweisen der Tiere innerhalb der Nutztierhaltung ist hierbei maßgeblich. Im Falle von Schweinen ist dies der Wühltrieb im Waldbereich, bei Hühnern das Picken in der Waldrand-Zone und bei Rindern das Wiederkäuen auf der Wiese. Im Hinblick auf das Wühlverhalten hat sich somit bei der Schweinehaltung die Strohhaltung als tierwohlgerechteste Form etabliert. Dabei ist wichtig zu unterscheiden, dass Stroh in Raufen nur ein „kauen“ als Beschäftigung ermöglicht, wohingegen erst ein Stroh-Einstreu in gewisser Menge das Wühlen der Tiere realisiert. Stroheinstreu zum Wühlen und Wärmen gibt es übrigens in der Haltungsform erst ab Stufe 4 und in der staatlichen Haltungskennzeichnung erst ab der höchsten Stufe.
1.2 – Außenklima in der Haltung
Das Außenklima bzw. „frische Luft“ ist vor allem aus Sicht einer naturnahen Haltung ein gewichtiges Argument, das sich viele Verbraucher für die Haltung von Tieren wünschen. Aus Tierwohl-Sicht ist „Naturnah“ jedoch nicht nur als Vorteil zu bewerten, sondern muss infolgedessen differenziert betrachtet werden. Winterliche Temperaturen oder Futtermangel stellen in der Natur eher einen Schmerz dar, den es zu überleben gilt was oftmals ein Schutzbedürfnis bei Tieren auslöst und durch den Menschen in Form von Stallungen und dergleichen gewährleistet werden kann und auch muss. Tiere in menschlicher Obhut sollten es besser haben als in der Natur.
Ganz konkret stellen wir die gängige Praxis der Richtlinien vieler Haltungslabels in Frage, die die Freilandhaltung bei Schweinen, Rindern und Hühnern gleichwertig empfehlen. Das ist wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Bei der tierwohlorientierten Haltung von Rindern ist die Freilandhaltung die beste Haltungsform, da Rinder tatsächlich Wiesenbewohner sind, die sich lieber auf einer Weide als im Wald aufhalten. Als Wiederkäufer mit Hörnern ist das auch logisch, im Wald finden diese kein Gras und die Hörner sind nachteilig. Hühner als Waldrandbewohner nutzen beides, Wiese und Wald bzw. respektive den Stall als Waldersatz. Aber Hühner halten sich immer nahe des Waldes oder respektive dem Stall auf, darum ist meistens 1-3 m um den Stall auch gar kein Gras mehr. Die Tiere trauen sich selten weiter.
Anders ist das bei Schweinen, da diese Waldbewohner sind und sich eigentlich nur unfreiwillig auf Freiflächen aufhalten. Oder haben Sie schon einmal ein Wildschwein auf einer Wiese gesehen? Nein, aber warum halten wir dann Hausschweine dort? Aktuell scheint sich die Tierwohlwerbung zwar einig zu sein, dass ein unübderdachter Auslauf für über 50% der Stallfläche wichtig ist, aber ob dieser tatsächlich das Wohlergehen der Tiere fördert oder nur die Werbung über alle Tierarten hinweg einfacher macht, ist fraglich. Eindeutig ist, dass das Außenklima einer von vielen Vorteilen für eine Tierwohlhaltung von Schweinen ist, aber alleine nicht ausreicht. Die Form des Beschäftigungs-Materials wie z.b. Stroh und die Buchtenstruktur sind für eine optimale Haltung von Schweinen deutlich wichtiger als eine Wiese. Bei Rindern ist dies genau umgekehrt.
Ein zusätzliches Argument ist, dass die Freilandhaltung von Schweinen kaum einem Landwirt genehmigt wird. Selbst das Land NRW konnte keine Baugenehmigung für einen eigenen Tierwohlstall im Landesinstitut Haus Düsse erhalten. Es ist schon paradox, aber gängige Siegel reduzieren Tierwohl nicht nur auf wenige Mindestkriterien, sie wählen mit der Freilandhaltung von Schweinen sogar eines der am schwersten umsetzbaren Kriterien aus, für das es sogar noch die wenigsten wissenschaftlichen Beweise gibt.
Schweine sind Waldbewohner und dieses Umfeld muss imitiert werden. Dies schafft ein Stall oft besser als eine Wiese ohne Bäume. Am besten wäre aber eine Haltung im Wald, mehr dazu unter 1.2.3. Auslauf
1.3 – Zusätzlicher Bewegungsfreiraum
Innerhalb der öffentlichen Wahrnehmung wird „mehr Platz“ grundsätzlich gleichgesetzt mit Tierwohl, wobei es für Verbraucher oder aber auch den Laien im allgemeinen schwer einzuschätzen ist, welche Größen realistisch und im Sinne des Tierwohls sind. Während schlüssige Beweise existieren, weshalb der gesetzlich vorgeschriebene Platz bei einem Tier kaum ausreicht, so ist „100% mehr Platz“, wie es fast alle Haltungslabels fordern, nicht komplex genug. Ein einzelnes Tier hat bei 100 % mehr Platz weniger Bewegungsfreiheit als eine Gruppe von 50 Schweinen mit dem gesetzlichen Platzangebot! Neben dem Platz pro Tier ist die Gruppen- und Stallgröße mindestens genauso wichtig. Deshalb verzichten die Tierwohlpunkte bewusst auf eine populistische Werbung mit „% mehr Platz pro Tier“ und kontrollieren, ob die Tiere wirklich Ihren Bewegungsdrang ausleben können.
Es gibt einschlägige Beobachtungen, die zeigen, dass das Platzangebot mit zunehmender Gruppen- und Stallgröße automatisch steigt, da Schweine Herdentiere sind und somit teilweise nahe beieinander liegen und sich in der Gruppe bewegen. Wir beobachten, dass eine Großgruppe von z.B. 100 Schweinen bei 40% mehr Platz mehr Bewegungsfreiheit hat, als eine kleine Gruppe von 15 Schweinen bei 100% mehr Platz! Deshalb berücksichtigen die Tierwohlpunkte Platz, Gruppengröße und Alter der Tiere.
Die Frage, wieviel Platz pro Tier im Sinne des Tierwohls ist und ab wann dieser gesättigt ist und keinen weiteren Nutzen für die Tiere birgt, sollte aber Experten obliegen. Hinzu kommt die Frage, welche anderen Faktoren, sofern die Anforderungen im Bereich Platz erfüllt werden, das Wohlbefinden des Tieres darüber hinaus steigern würden. Daher möchten wir, sofern Gruppengröße und Platzangebot im Gleichgewicht sind, eher dazu motivieren, nicht in noch mehr Platz zu investieren, im Sinne einer Übersättigung, sondern sich vielmehr auf eine Steigerung des Tierwohls bzgl. der weiteren Aspekte wie u.a. Transportwege und -abläufe oder Tiergesundheit zu konzentrieren.
1.4 – Zusätzliche Zertifizierungen